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Tritt für Tritt

Die richtige Fußtechnik beim Klettern und Bouldern

8 Minuten Lesezeit
Was bedeutet "sauber treten" und was bringt es mir? Wir geben Tipps zur richtigen Fußtechnik beim Klettern und Bouldern, denn: Wer seine Füße richtig einzusetzen weiß, spart viel Kraft.

Gerade Anfänger neigen dazu, die Arme beim Klettern bzw. Bouldern überzustrapazieren. Hält dieser Griff wirklich? Lieber mal ganz fest dran ziehen. Die Füße bleiben dabei gern auf der Strecke und schrabbeln etwas unkoordiniert an der Wand entlang.

Dabei ist sauberes Treten der Schlüssel für eine bessere Klettertechnik – und damit zentral für Anfänger beim Bouldern! Denn so entwickelst Du eine richtige Technik fürs Klettern.

Wie die richtige Fußtechnik beim Klettern und Bouldern geht und und mit welchen Übungen Du Deine Technik verbessern kannst, verrät Melanie Michalski, Klettertrainerin und Leiterin der Kletter-Werkstatt.

Ist die richtige Fußtechnik beim Klettern und Bouldern so wichtig?

Simple Antwort: Ja! Es gibt viele Gründe, warum sogenanntes sauberes Treten so wichtig ist. Als Kletterer und Kletterin bist Du eigentlich ein Faultier, weißt es nur noch nicht. Und Faultiere wollen so viel Kraft wie möglich sparen, damit sie länger abhängen können.

Eine wichtige Methode, um kraftsparend zu klettern, ist soviel Gewicht wie möglich auf die Füße zu bekommen. Die Hauptarbeit sollte aus den Beinen und nicht aus den Armen erfolgen. Dazu ist es unumgänglich, dass Du sauber auf einem Tritt stehst, denn sonst fehlt Dir zum Einen das Vertrauen in den Tritt (Du weißt ja nicht, ob Du sicher stehst, und ziehst lieber aus den Armen), zum Anderen passiert es in der Tat häufiger, dass Du abrutscht, wenn Du den Tritt nicht sauber angetreten hast

Darüber hinaus: Je kraftsparender Du kletterst, desto länger kannst Du Deinen neuen Lieblingssport am Stück genießen. Wenn Du viel aus den Armen ziehst, bist Du vielleicht nach 15 Minuten schon total platt und eigentlich noch gar nicht richtig in der Halle angekommen.

Ein weiterer Punkt, der so gar nichts mit dem Klettern zu tun hat: Dein Geldbeutel. Sauberes Treten hilft, dass deine Kletterschuhe länger am Leben bleiben, ansonsten passiert es oft, dass du den Schuh an der Wand entlang ziehst bevor du auf dem Tritt stehst und das kostet Gummi.

Mit welchem Teil des Kletterschuhs muss ich treten?

Obwohl die Sohle des ganzen Kletterschuhs mit dieser wunderbaren Gummisohle ausgestattet ist, ist es dennoch sinnvoll, mit der Spitze des Schuhs zu treten – mit dem großen Zeh. Doch warum?

Es ist eigentlich ganz einfach und ein kleiner Selbsttest kann Dir den Unterschied sofort deutlich machen: Im Bereich der Zehen hast Du viel mehr Gefühl für den Tritt und viel mehr Kontrolle über Deine Körper- und Fußposition. Zudem kannst Du, ohne umzutreten, Deine Körperposition flexibel verändern. Darüber hinaus hast Du mehr Bewegungsspielraum, da Du die Ferse senken oder heben kann. Durch das Treten mit der Spitze bekommst Du mehr Spannung in den Körper, was Dir hilft, auch auf kleinen Tritten sicher stehen zu bleiben.

Kontrastübung „Treten Mittelfuß versus Treten Ballenbereich“
Suche Dir einen Boulder mit großen Tritten und anschließend einen mit kleineren Tritten. Gehe den Boulder abwechselnd mal, indem Du seitlich mit dem Mittelfuß antrittst, mal nur mit dem vorderen Ballenbereich. Was fällt Dir dabei auf?

Kontrastübung: Trete zunächst mit dem seitlichen Mittelfuß...

Bergzeit

Kontrastübung: Trete zunächst mit dem seitlichen Mittelfuß…


Kontrastübung: Trete zunächst mit dem seitlichen Mittelfuß...

Bergzeit

… und dann mit der Fußspitze an und überprüfe, wo Du mehr Kontrolle hast.


Was ist der Unterschied von weichen und steifen Kletterschuhen?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass Du bei einem weichen Kletterschuh viel mehr Muskulatur in den Füßen benötigst als bei einem harten Kletterschuh. Hier übernimmt die Sohle die Arbeit Deiner Füße. Was von Vorteil, aber auch von Nachteil sein kann. Harte Kletterschuhe eignen sich sehr gut für die Kletterei mit kleinen Tritten und Leisten, da Du hier präzise Antreten kannst und die Kraftübertragung größer ist. (Eine Leiste ist ein Griff bzw. Tritt, den Du daran erkennst, dass er eine flache Antrittsform meist mit einer schärferen bzw. scharfen Kante hat und Du nicht hineingreifen kannst, sondern Deine Finger aufliegen. Meist bis zum ersten oder zweiten Fingerglied.)

Weiche Kletterschuhe sind zum einen sehr gut für Platten geeignet, da Du hier nicht nur mit der Spitze, sondern dem gesamten Vorderfuß antreten möchtest. Sie eignen sich außerdem für alle anderen Trittformen, bei denen Du eine höhere Reibung benötigst: zum Beispiel Sloper, Volumen oder das Antreten auf der „nackten“ Wand. Natürlich kannst Du jeden Schuh nutzen. Es erfordert oft nur eine etwas bessere Technik und ein gewusst wie, um z.B. mit einem weichen Schuh präzise auf einem kleinen Tritt stehen zu bleiben ohne abzurutschen.

Fazit: Gute Kletterschuhe unterstützen gute Fußtechnik. Erfahre mehr dazu im Beitrag Kletterschuhe für Anfänger.

Warum hilft der Blick auf Füße für eine richtige Fußtechnik beim Klettern und Bouldern?

Der Blick auf die Füße bedeutet im Klettern, dass Du Deine Aufmerksamkeit dort hast, wo die Action stattfindet. Bist Du gerade dabei, einen neuen Tritt anzutreten, geht Dein Blick genau dorthin. Du fokussiert einen Punkt auf dem Tritt und Deine Fußspitze setzt genau dort auf. Das erfordert eine gewisse Augen-Fuß-Koordination – gerade für uns Europäer etwas ungewohnt, da bei uns alles eben bzw. betoniert ist: Treppen sind genormt und im Alltag brauchen wir keine Konzentration auf unsere Schritte zu legen. Unser Fokus ist auf das Umfeld unseres Oberkörpers gelegt.

Das Schöne am Klettern ist, dass wir wieder mehr Kontakt mit unseren Beinen und Füßen bekommen, um auch auf den kleinsten Tritten sicher stehen zu können.

Übungen zum bewusst treten

Übung „Blick auf die Füße“
Wenn Du mit Deinen Aufwärmbouldern in die Halle startest, blicke einmal ganz bewusst auf die Füße – und lass‘ den Blick dort so lange, bis der Fuß ganz gesetzt wurde.

Übung „Tritt umkreisen“
Umkreise mit dem Fuß jeden Tritt zwei mal, bevor Du antrittst.

Schau genau hin! Bevor Du Dir den nächsten Griff suchst, schau genau auf die Füße, bis sie ordentlich platziert sind.

Bergzeit

Schau genau hin! Bevor Du Dir den nächsten Griff suchst, schau genau auf die Füße, bis sie ordentlich platziert sind.


Wie hoch soll ich antreten?

Wieder ein kleiner Selbsttest: Suche Dir ein Haus mit mindestens drei Stockwerken und gehe nun zügig bis in den dritten Stock, wobei Du jeweils ein oder sogar zwei Stufen auslässt. Wiederhole das und benutzte nun jede Stufe. Was fällt Dir auf? … Genau! Bei Durchlauf Nummer eins bist Du mehr außer Atmen und die Muskeln in den Beinen sind mehr beansprucht als bei Durchlauf Nummer zwei.

Das Gleiche gilt beim Klettern: Umso höher Du antrittst, umso mehr Kraft kostet es den Körper, insbesondere die Bein bzw. Oberarmmuskulatur über den Fuß zu bekommen. Besser ist es, wenn möglich, Zwischentritte zu suchen, um sich so langsam hochzuarbeiten.

Übungen zum An- und Umtreten

Kontrastübung „Hoch antreten versus kleine Tritte“
Suche Dir einen geeigneten Boulder und mache den Vergleich – tritt einmal nur hoch an, in dem Du diverse Tritte auslässt. Dann mach nur kleine Schritte. Was fühlt sich besser an?

Hoch antreten oder lieber doch nicht?

Bergzeit

Hoch antreten oder lieber doch nicht?


Hoch antreten oder lieber doch nicht?

Bergzeit

Bei dieser Kontrastübung solltest Du feststellen, dass kleine Tritte kraftsparender sind.


Übung „Umtreten“
An einem „trittreichen“ Boulder trittst Du jeweils dreimal um – also Wechsel der Fußposition – bevor Du weitergreifst. So kannst Du ausprobieren, ob es eventuell noch eine bessere Position zum Weitergreifen gibt, die Du nicht auf Anhieb gefunden hast.

Übung „Trittvariationen ausprobieren“
Suche Dir einen Boulder mit ausreichend Tritten und spiele mal alle Variationen durch. Zunächst machst Du ihn mit so vielen Zwischentritten wie möglich. Dann mit so wenig Zwischentritten wie möglich. Und zu guter Letzt mit einem gesunden Mittelmaß. Welche Variante hat Dich am wenigsten Kraft gekostet?

Wie muss die Fersenposition sein?

Mache wieder einen kleinen Selbsttest. Suche Dir einen kleinen Tritt und trete ihn sauber an, halte die Ferse dabei aber wie eine Primaballerina hoch in die Luft, so dass Deine Wadenmuskulatur angespannt ist. Nun entspanne die Wade und senke die Ferse ab. Überprüfe für Dich, was sich besser angefühlt hat. Und? Ich vermute zweiteres. Die Primaballerina braucht wieder ganz schön viel Kraft und auch die Körperposition verändert sich, sodass Du hier weniger Druck auf Deine Füße bekommst und wieder mehr aus den Armen arbeiten wirst.

Übung: Hebe die Ferse auf einem Tritt an...

Bergzeit

Übung: Hebe die Ferse auf einem Tritt an…


Übung: Hebe die Ferse auf einem Tritt an...

Bergzeit

… und lass sie dann absinken. Das entspannt die Wadenmuskulatur.


Video: Die richtige Fußtechnik beim Klettern und Bouldern

Wann baue ich Fuß-Übungen ins Klettern ein?

Das Schöne an den Übungen ist, dass Du Klettertechnik für die Füße zu Beginn in Dein Bouldertraining einbauen kannst. Hierzu ist es sinnvoll, dass Du Dir pro Session ein bis zwei Übungen aussuchst und gezielt beim Einbouldern, also beim Wandteil des Aufwärmens in Dein Training einbaust. Wenn Du dann in schwierigere Boulder einsteigst, hast Du keine Zeit mehr, Dich bewusst darauf zu konzentrieren – denn dann bist Du mit Bouldern beschäftigt!

Übrigens: Ebenfalls hilfreich und zudem spaßig ist es, wenn Du mit Freunden bouldern gehst. Filmt euch gegenseitig und schaut euch gemeinsam gleich nach dem Boulder die Videosequenz an. Achte dabei besonders auf Deine Tritttechnik und verbessert damit automatisch eure Klettertechnik. Wie habt Ihr getreten, mit der Spitze oder der Außenkante? Wie hoch tretet Ihr? Was könnte man verbessern? Wiederholt dann den Boulder und konzentriert Euch auf den Aspekt, den Ihr ändern möchtet.

Fazit zur richtigen Fußtechnik beim Klettern und Bouldern

Klettern ist nur was für Kräftige mit dicken Oberarmen? Mitnichten. Mit der richtigen Fußtechnik entlastest Du den Oberkörper gewaltig und kommst auch als zierlicher Kletterer leicht zum Zug. Selbstverständlich ist sauberes und präzises Treten auch für die wichtig, die schon dicke Oberarme haben.

Wenn Du hin und wieder beim Klettern ein paar dieser Übungen mit einstreust, wirst Du schnell merken, wie sich Deine Fußtechnik verbessert und Du über kurz oder lang auch auf Mini-Trittchen sicher stehen kannst.

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