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Dein Kletter-Kraftzirkel

ACT-Krafttraining für Kletterer

10 Minuten Lesezeit
Gimme Kraft! Mit diesem Kletter-Kraftzirkel, zusammengestellt von den Experten der Kraft Factory, kannst Du Dein Kletter- und Bouldertraining perfekt ergänzen. Die speziellen Übungen sind das perfekte Ausgleichstraining und helfen Dir, Verletzungen am Fels oder in der Halle zu vermeiden.

ACT oder „Adjunct Compensatory Training“ (zu deutsch: Zusatzkompensatorisches Training) ist ein spezielles Kraft- und Ausdauertraining für Kletterer. Es wurde von Kraft Factory in Kooperation mit der UIAA entwickelt, um Kletterern einen größeren Bewegungsspielraum zu ermöglichen und gängigen Verletzungen durch Überlastung vorzubeugen.

In diesem Beitrag haben Dir Patrick Matros und Ludwig Korb von der Kraft Factory einen speziellen Kraftzirkel mit verschiedene Übungen zusammengestellt – für mehr Kraftausdauer und intramuskuläre Koordination.

💡Adjunct Compensatory Training (ACT): Die wichtigsten Infos
  • ACT ist ein spezielles Kraft- und Ausdauertraining für Kletterer
  • Die Übungen können jeweils vier unterschiedliche Ziele haben: Mobilität, Kraftausdauer, Muskelaufbau oder intramuskuläre Koordination
  • Du benötigst für das Training: Kettlebell (oder Kurzhantel), Theraband, Stuhl/Hocker, Ringe, Miniband, Faszienrolle (oder Pilatesrolle), Hantelscheibe (zwischen 5 und 15 kg schwer), Besenstil sowie eine Yogamatte
  • Entwickelt wurde das ACT von den Profis der Kraft Factory und der UIAA

ACT-Trainingszirkel: Wie oft und wie lange soll ich trainieren?

Bei den im Folgenden beschriebenen Übungen werden keine starren Vorgaben zu Wiederholungs- oder Satzzahlen gemacht. Eine exakte Angabe von Wiederholungs- und Satzzahlen für bestimmte Zwecke oder Ziele ist in den meisten Fällen auch wissenschaftlich nicht haltbar. Es ist lediglich möglich, bestimmte Abschnitte zu definieren, in denen spezifische physiologische Reaktionsketten verstärkt trainiert werden (z.B. „time under tension“ als Anpassungsreiz für muskuläre Hypertrophie, also das Muskelwachstum). Die detaillierte Abstimmung ist dann wieder individuell zu ermitteln.

Zusätzlich zur reinen Angabe von Wiederholungszahlen werden folgende Parameter verwendet:

  • Bewegungsgeschwindigkeit (statisch-haltend, dynamisch langsam, dynamisch moderat, dynamisch schnell)
  • Intensität: leicht, moderat, hoch (bis zum Punkt des muskulären Versagens, PMV = es ist keine Wiederholung mehr möglich)

Die Übungen verfolgen die folgenden Trainingsziele:

  1. Mobility: 4-20 Wiederholungen, je nach Beweglichkeit; Intensität: leicht bis moderat (kein Schmerz)
  2. Kraftausdauer: 12-25 Wiederholungen; statisch oder dynamisch; Intensität: bis zum PMV
  3. Muskelaufbau/-Kräftigung: 6-12 Wiederholungen; dynamisch langsam, dynamisch moderat; Intensität: bis zum PMV
  4. Intermuskuläre Koordination: 12-20 Wiederholungen; dynamisch moderat, dynamisch schnell; Intensität: moderat, nicht bis zum PMV, da die Bewegungen sonst ungenau werden

Sätze: grundsätzlich wird ein Mehrsatztraining (2-4) in der Anfangs- bzw. Aufbauphase empfohlen; in der Erhaltungsphase (z.B. während der Wettkampfsaison) können auch weniger Sätze (1-2) absolviert werden.

Welche Trainingsgeräte brauche ich fürs ACT Training?

Für das optimale Training benötigst Du: Kettlebell (oder Kurzhantel), Theraband, Stuhl/Hocker, Ringe, Miniband, Faszienrolle (oder Pilatesrolle), Hantelscheibe (zwischen 5 und 15 kg schwer), Besenstil, Yoga- oder Sportmatte

ACT-Übungen für Deine Kraftausdauer

Upside Down Kettlebell

Du suchst dir eine Kettlebell, die so schwer ist, dass Du sie mit mittlerer Anstrengung einarmig stemmen kannst, wobei es wichtig ist, dass Du sie am Griff nimmst und die Kugel dabei nach oben zeigt.

  • Gehe in den Halbkniestand (Bild 1)
  • Balanciere die Kugel, während Du die Kettlebell nach oben drückst (Bild 1)
  • In der Endposition, wenn der Arm ganz gestreckt ist, den Ellenbogen nach innen rotieren (Bild 2)

Achte darauf, dass Deine Schultern die ganze Zeit über in einer horizontalen Linie bleiben.

Schwertziehen

Befestige ein Thera- bzw. Powerband ca. 15 -20 cm über dem Boden an einer geeigneten Stelle wie z.B. einer Sprossenband oder ähnlichem. Du stehst in einer aufrechten Position, seitlich zum Befestigungspunkt des Bandes. Stelle Dir vor, Du steckst deine Schulterblätter in die hinteren Hosentaschen mit deinen Füßen schulterbreit auseinander.

  • Ziehe das Theraband, das von Beginn an leicht gespannt sein sollte, diagonal nach oben (Bild 1)
  • Ziehe mit dem Ellenbogen voraus – als ob Du ein Schwert ziehen würdest
  • Achte darauf, dass Deine Schulter unten bleibt (Bild 2)
  • Wenn Dein Ellbogen so hoch ist, dass er nur noch höher kommen könnte, indem Du die Schulter hochziehst, klappst Du Deinen Unterarm nach außen (Bild 2).
  • Das Ganze machst Du in einer flüssigen Bewegung.

ACT Rowing

Du stellst Dir eine Erhöhung (Kasten, Stuhl o.ä.) ungefähr in Entfernung von einer Körperlänge vor die Ringe und stellst dann die Ringhöhe so ein, dass Du, wenn Du die Ringe mit ausgestreckten Armen greifst und die Füße auf der Erhöhung liegen eine ungefähr waagerechte Position hast. Nimm bei der Übung zwischen die Unterarme ein Miniband.

  • Gehe in Augangsposition, also Füße auf die Erhöhung, Arme gestreckt in den Ringen hängend, Körper waagerecht; Körperspannung halten! (Bild 1).
  • Ziehe nun wie beim Rudern mit beiden Armen soweit es geht nach oben (Bild 2)
  • Deine Hände sind dabei zueinander gedreht und Deine Ellenbogen laufen am Körper entlang (Bild 2)
  • Du ziehst das Miniband mit deinen Handgelenken so weit auseinander, bis Deine Hände ca. schulterbreit positioniert sind.

Du solltest darauf achten, dass Dein Körper in einer Linie bleibt, man neigt dazu, in blockierter Position den Kopf über Ringhöhe zu bringen, was aber nicht das Ziel der Übung ist. Achte darauf, dass Deine Schulterblätter die ganze Zeit in einer stabilen Position bleiben, was durch das ACT-Band verstärkt wird. Durch das seitliche Auseinanderziehen des Bandes ziehst Du Deine Schulterblätter automatisch zusammen.

Push Up Plus Combined

  • Gehe in Liegestützposition (Bild 1)
  • Senke die Schultern möglichst weit ab, ohne dabei die Arme zu beugen und schiebe sie dann wieder in Ausgangsposition (Scapula-Pushup): 5 x Wiederholungen (Bild 2)
  • Mach beim sechsten Mal einen normalen Liegestütz (Bild 3)

Achte darauf dass Deine Ellenbogen während der ganzen Zeit leicht nach innen rotiert sind.

One Legged Push With Barbell

  • Stelle Dich aufrecht vor einen Hocker oder eine Box (je höher desto intensiver), nimm eine Hantelscheibe (5 bis ca. 15 kg schwer) und stemme sie senkrecht über den Kopf (Bild 1).
  • Achte darauf, dass dein Oberkörper aufrecht bleibt, wenn Du nun mit einem Bein auf dem Hocker aufstehst (Bild 2)…
  • und anschließend wieder in die Ausgangsposition zurückkommst (Bild 1)

Core Pendulums

Du legst Dich auf den Rücken, klemmst Dir eine Faszienrolle zwischen die Knie und winkelst die Beine an.

  • Mit den Handgelenken im ACT Band ziehst Du nun die Hände auf Schulterbreite. Vorsicht: Ellenbogen sollen nicht abstehen, sondern eine Linie mit Schultern und Handgelenken bilden (Bild 1)
  • Kippe nun mit den Beinen die Rolle von einer Seite zur anderen. Oberkörper und Arme sollen sich dabei nicht bewegen (Bild 2).

Bearwalk

Laufen wie ein Bär!

  • Hebe in der Bankposition Deine Knie vom Boden ab (Bild 1)
  • In dieser Stellung krabbelst Du nun einige Meter nach vorne (Bild 2)

Achte darauf, dass Deine Knie nur knapp über dem Boden gehalten werden und dass deine Ellenbogengelenke gestreckt und nach innen gedreht (also im Schultergelenk außenrotiert) bleiben.

ACT-Übungen für die intramuskuläre Koordination

Wandschieber

Stelle Dich im Abstand von ca. 20 cm vor eine Wand und versuche, Deine Unterame an der Wand auf und ab zu schieben, ohne dass sich der Abstand zwischen Deinen Armen verändert. Achte darauf, dass Deine Schultern unten bleiben und deine Hände, Ellbogen und Schultern in einer Linie verlaufen.

Wallangel

Du stellst Dich mit dem Rücken an eine Wand und nimmst die Arme in angewinkelter Position seitlich nach oben, Kopf und Fersen sind an der Wand. In dem Bereich, wo Deine Lendenwirbelsäule ihre leichte natürliche Krümmung hat (Lordose), nimmst du ein Stück Schlauch oder einen Besenstiel (2-3 cm Durchmesser) und versuchst es dort mit aktiver Anspannung die ganze Übung hindurch festzuhalten.

  • Schiebe nun die Arme seitlich deines Körpers auf und ab (Bild 1)
  • Achte darauf, dass der ganze Arm immer an der Wand bleibt (Bild 2) – und selbstverständlich darfst Du nicht den Kontakt zum Besenstil verlieren.
  • Versuche, die Arme so weit wie möglich nach oben zu schieben und nach unten zu ziehen.

Ankle Supination Rolls

Du stellst Dich vor eine Wand und stellst Dich mit beiden Füßen nebeneinander längs auf eine Faszien- oder besser Pilatesrolle. Stelle Dir vor, dass Deine Füße an der Rolle richtig kleben.

  • Während Du Dich mit den Händen festhältst, rollst Du abwechselnd mit den Füßen nach rechts und links. (Bild 1)
  • Taste Dich vorsichtig in die seitliche Fußgelenk-Endstellung und versuche während der ganzen Bewegung die Fußsohlen an der Rolle zu halten. (Bild 2)
  • Steigerung: Wenn Du das gut hinbekommst, kannst Du versuchen, die Übung ohne Festhalten durchzuführen.

Kompass

  • Stelle Dich auf eine weiche Matte oder eine andere instabile Unterlage. Das Standbein ist leicht gebeugt, das freie Bein bewegst Du nun im Kreis (Bild 1)
  • Kreise in alle Richtungen (Kompass) am Standbein vorbei, ohne, dass Dein Fuß je den Boden verlässt (Bild 2)

Standing Horizontally Into Sideplank

Du benötigst einen langen Stab (Besenstiel) zum Abstützen. Nimm diesen in die Hand des nachfolgenden Standbeins und platziere den Stab senkrecht hinter deinem Rücken.

  • Nimm nun eine Standwaagenposition ein und stütze Dich mit Deiner Hand so ab, dass sie sich seitlich am Rumpf befindet. Der andere Arm ist waagrecht nach außen gestreckt. (Bild 1)
  • Drehe Deinen Körper seitlich auf, indem Du nur im Hüftgelenk öffnest. Der Stab dient dabei als Balancehilfe und befindet sich in der Endposition senkrecht am Rücken in Deiner Arm-Schultergürtel-Linie. (Bild 2)
  • Halte die Position kurz und gehe dann wieder zurück in die Standwaage.

Steigerung: Versuche die Übung freistehend, ohne Stützhilfe.

Raise Fist

Leg‘ dich flach auf den Bauch, setze beide Fäuste rechts und links Deiner Schultern auf dem Boden ab, die Ellenbogen ca. 90 Grad abgewinkelt und senkrecht nach oben zeigend. Kopf gerade, also Blickrichtung nach unten zum Boden.

  • Hebe den Kopf leicht an (ca. 5 cm), der Blick geht zum Boden. Achte darauf, dass Du nicht ins Hohlkreuz kommst (Bild 1)
  • Ziehe nun beide Ellenbogen senkrecht nach oben, so dass Deine Fäuste leicht vom Boden abheben (ca. 2 – 5 cm). Die Ellenbogen sollten dabei möglichst gerade nach oben gezogen werden. (Bild 2)

Eine zweite Person zur Korrektur der Übungsausführung ist zu Beginn von Vorteil. Halte die Position ca. 10 Sekunden und senke dann Fäuste und Kopf zur Entspannung wieder zum Boden ab.

Viel Spaß beim Trainieren! Mit dieser Auswahl an Übungen für Deinen persönlichen Kletter-Kraftzirkel kannst Du Verletzungen effektiv vorbeugen und gestärkt in die Klettersaison starten.

 

Über die Autoren

Patrick Matros

Patrick Matros (Diplom-Sportwissenschaftler, Lehrer Sport/Deutsch) arbeitet als Fachdozent für Sportwissenschaft und Pädagogik/Psychologie. Bis heute hat Patrick knapp 200 Kletterrouten von 8a bis 8c klettern können. Zusammen mit Dicki Korb hat der das Trainingsbuch GimmeKraft! geschrieben, was ein weltweiter Bestseller wurde. Unter dem Label „Kraftfactory“ gibt er weltweit Workshops und Fortbildungen zum Thema Klettertraining und betreut Athleten.

Dicki Korb

Dicki Korb, geb. 1966, verheiratet, 2 Kinder, Sportkletter- und Functional-Trainer, Therapeut, Pädagoge. Er klettert seit 31 Jahren und ist mittlerweile seit 16 Jahren als Trainer tätig. Seit 12 Jahren trainiert er Alexander Megos, zusammen mit Patrick Matros mit dem er auch gemeinsam Autor des Bestsellers „GimmeKraft“ ist. Er ist er viel im In und Ausland unterwegs, um Workshops für interessierte Kletterer zu halten und andere Trainer aus- und weiterzubilden. Wann immer es jedoch die Zeit zulässt, ist er immer noch am liebsten am Fels unterwegs

Volker Schöffel

Volker Schöffl, MD, PhD, MHBA, FAWM ist der leitende Arzt der Abteilung für Sportmedizin und Sportorthopädie in Bamberg. Er ist Professor für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie an der FAU Erlangen-Nürnberg und Adjoint Assistant Professor für Notfallmedizin an der University of Colorado. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf Klettern und Skitourengehen Verletzungen und Biomechanik der Hand. Er ist der Mannschaftsarzt des Deutschen Kletterteam, das deutsche Skimountainering Team und Mitglied der MedCom UIAA und IFSC. Volker klettert seit 35 Jahren und hat mehr als 100 Erstbesteigungen bis Französisch 8b gemacht, vor allem in Laos, Thailand, Südostasien und der Frankenjura, Deutschland.

Weitere Übungen der ACT Clinic gibt es hier als PDF Download.

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