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Für mehr Haltekraft beim Klettern

Schultergürtel richtig trainieren

4 Minuten Lesezeit
Profikletterin Natalie Bärtschi zeigt Dir fünf Übungen, mit denen Du Deinen Schultergürtel kräftigen und Schmerzen oder Fehlhaltungen vorbeugen kannst.

Gerade beim Klettern mit seinen häufigen Überkopfbewegungen und enormer Haltekraft ist unsere Schulter stark gefordert. Natalie Bärtschi, Bergzeit Athletin und seit über zehn Jahren Mitglied der Schweizer Kletter-Nationalmannschaft, erklärt, wie die Schulter aufgebaut ist, welche Probleme das Klettern verursachen kann und mit welchen Übungen Du Deinen Schultergürtel präventiv trainieren kannst.

Das Schultergelenk – ein Kompromiss zwischen Beweglichkeit und Stabilität

Schulterverletzungen zählen nach Fingerverletzungen zu den häufigsten Kletterverletzungen überhaupt. Nicht zuletzt ist das auf den anatomischen Aufbau des Gelenks zurückzuführen. Der Schultergürtel besteht grundsätzlich aus drei Gelenken:

  • Glenohumeralgelenk (Verbindung Oberarm – Schulterblatt)
    Eine viel zu kleine Gelenkpfanne artikuliert mit einem verhältnismäßig viel zu großem Gelenkkopf.
  • Akromioklavikulargelenk (Verbindung Schulterblatt – Schlüsselbein)
    Über dieses Gelenk wird der Schultergürtel am Brustkorb aufgehängt.
  • Sternoklavikulargelenk (Verbindung Schlüsselbein – Brustbein)
    Dieses Gelenk befestigt den Schultergürtel am Brustbein und ist somit die einzig echte gelenkige Verbindung der oberen Extremität zum Rumpf.
Klettererinnen und Kletterer brauchen starke Schultern für dynamische Bewegungen und Kompressionskletterei.

Nigel Msipa | Unsplash

Klettererinnen und Kletterer brauchen starke Schultern für dynamische Bewegungen und Kompressionskletterei.


Oft wird auch das skapulathorakale Gleitlager, also das Aufliegen des Schulterblattes auf dem Brustkorb dazugezählt, obwohl es sich dabei nicht um ein Gelenk im eigentlichen Sinne handelt.

Die Muskeln von Rotatorenmanschette und Schulterblatt

All diese Besonderheiten ermöglichen uns zwar ein hohes Maß an Bewegung, gehen aber leider zu Lasten der Stabilität. Hier kommt die sogenannte Rotatorenmanschette ins Spiel. Diese besteht aus vier Muskeln, welche den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne zentriert.

  • Musculus Supraspinatus
  • Muskulus Infraspinatus
  • Musculus Teres Minor
  • Musculus Subscapularis

Für eine korrekte Bewegung der Skapula (= Schulterblatt) sind zudem folgende Muskeln von großer Bedeutung:

  • Musculus Trapezius Pars Ascendens und Transversa
  • Musculus Rhomboideus Major und Minor
  • Musculus Serratus Anterior

Besteht ein Ungleichgewicht zwischen diesen Muskeln oder sind sie zu schwach im Vergleich zur restlichen Schultermuskulatur (z.B. Latissimus, Bizeps, Brustmuskulatur), kann es zu Fehlstellungen im Schultergelenk kommen.

Verletzungen des Schultergürtels

Impingement

Häufig verlagert sich der Oberarmkopf dabei nach oben und der ohnehin schon kleine Abstand zum Schulterdach (= Akromion) wird noch kleiner. Die in diesem Raum liegenden Weichteile, insbesondere Sehne und Schleimbeutel, können dadurch gereizt werden und sich entzünden. Durch die entzündlich bedingte Schwellung werden die Platzverhältnisse noch enger und es kommt zum Teufelskreis. Das Impingement Syndrom kann sehr schmerzhaft sein, insbesondere bei Überkopfbewegungen.

Rotatorenmanschettenruptur

Natürlich gibt es zahlreiche weitere Verletzungen, welche für Schulterschmerzen verantwortlich sein können. Ist zum Beispiel eine Sehne der Rotatorenmanschette beschädigt, kann der dazugehörige Muskel seine Funktion nicht mehr korrekt ausführen und es kommt zu Fehlbelastungen. Verletzungen der Rotatorenmanschette sind im Alter sehr häufig und meist degenerativer Natur. Beim Klettern kann es jedoch auch durch eine unkontrollierte Bewegung in einer für das Schultergelenk ungünstigen Position zu Sehnenschäden kommen. Jeder Verdacht auf eine solche Verletzung sollte umgehend ärztlich abgeklärt werden.

Übungen für eine starke & schmerzfreie Schulter

Durch ein gutes Zusammenspiel der Rotatorenmanschette wird das Schultergelenk muskulär stabilisiert und der Oberarmkopf bleibt in seiner korrekten Position. Auch wer (noch) keine Schulterbeschwerden hat, tut gut daran, diese Muskeln regelmäßig zu kräftigen und die Koordination zwischen den einzelnen Muskeln zu verbessern. Damit können nicht nur Verletzungen vorgebeugt werden, die zusätzliche Spannung im Schultergürtel bringt Dich auch beim Klettern weiter. Insbesondere bei Sprüngen und dynamischen Bewegungen hilft dir eine starke Schulter. Aber auch bei kräftiger Kompressionskletterei sind starke Schultern essenziell.

Aus diesem Grund stelle ich Dir hier meine Lieblingsübungen für einen stabilen Schultergürtel vor. Die Übungen sind für alle Niveaus geeignet und sowohl für Anfänger als auch Profis sinnvoll. Die Übungen sollten mindestens einmal pro Woche durchgeführt werden, am besten aber integrierst Du sie gleich bei jedem Training ins Warm-Up. Empfehlenswert sind 2-3 Durchgänge mit je 10 Wiederholungen pro Übung. Viel Spaß beim Training!

Video: Fünf Übungen für einen stabilen Schultergürtel

1. Shoulder Press

  • Medizinball oder Kettlebell wählen, ca. 5 kg Gewicht
  • Gewicht in einer Hand positionieren
  • zweite Hand seitlich an der Hüfte
  • gerade nach oben stoßen

Variation: Gewicht, Schulterposition, Kettlebell

Wiederholungen: 10x pro Seite

Suche Dir einen Gegenstand mit etwas Gewicht, wie z.B. einen Medizinball...

Natalie Bärtschi

Suche Dir einen Gegenstand mit etwas Gewicht, wie z.B. einen Medizinball…


Suche Dir einen Gegenstand mit etwas Gewicht, wie z.B. einen Medizinball...

Natalie Bärtschi

… und drücke ihn aus der Schulter gerade nach oben.


2. Shoulder Pull

  • Stab etwas mehr als schulterbreit greifen
  • Handgelenke gerade, nicht beugen oder überstrecken
  • Kopf bildet eine Verlängerung der Wirbelsäule
  • Stab in den Nacken ziehen

Wiederholungen: 10x

Bei der Gegenbewegung, dem Pull, greifst Du einen Stab etwas mehr als schulterbreit...

Natalie Bärtschi

Bei der Gegenbewegung, dem Pull, greifst Du einen Stab etwas mehr als schulterbreit…


Bei der Gegenbewegung, dem Pull, greifst Du einen Stab etwas mehr als schulterbreit...

Natalie Bärtschi

… und ziehst ihn in den Nacken. Achte dabei auf gerade Handgelenke.


3. Reverse Butterflies

  • Hände im Slingtrainer
  • auf die Fersen stellen (je steiler der Körper umso schwieriger die Übung) und nach hinten fallen lassen
  • aus dem Schultergürtel hochziehen, dabei Arme gestreckt lassen
  • Auf Rumpfstabilität achten, nicht durchhängen

Variation: Kurzhantel/Wasserflasche

Wiederholungen: 10x

4. Scapula Pull Ups

  • Bewegung aus Schultergürtel und nicht aus den Armen
  • Ellbogen möglichst gestreckt
  • Schulterblätter nach hinten unten ziehen

Variation: Unterstützung durch Gummiband, Füße abstützen

Wiederholungen: 10x

5. Scapula Push Ups

  • Liegestützposition
  • Ellbogen möglichst gestreckt
  • Bewegung aus Schultergürtel

Variation: Knie, instabiler Untergrund

Wiederholungen: 10x

Auch beim Scapula Push Up kommt die Bewegung nur aus den Schulterblättern...

Natalie Bärtschi

Auch beim Scapula Push Up kommt die Bewegung nur aus den Schulterblättern…


Auch beim Scapula Push Up kommt die Bewegung nur aus den Schulterblättern...

Natalie Bärtschi

und nicht aus den Armen wie beim herkömmlichen Push Up.


Starke Schultern für besseres Klettern

Am besten integrierst Du diese fünf Übungen in Dein Warm Up. Schon bald wirst Du feststellen, dass Du stärker wirst und dynamische Moves kontrollierter klettern kannst. Viel Spaß und eine erfolgreiche Saison an Wand und Fels!

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