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Touren-Highlight in Berchtesgaden

Hochkalter-Überschreitung: Luftige Grattour für Bergerfahrene

6 Minuten Lesezeit
Zu unrecht die Nummer Zwei im Berchtesgadener Land: Die Überschreitung des Hochkalter (2.607 Meter) über den Schönen Fleck bietet alles: viele Höhenmeter, leichte Kletterpassagen, luftige Gratgänge – und ein spektakuläres Panorama.

An fast jedem anderen Ort Deutschlands wäre der Hochkalter mit seinen mächtigen Felswänden und dem steilen Gletscher in seiner Mitte die Attraktion schlechthin. Nur nicht im Berchtesgadener Land, da stiehlt ihm ein mächtiger Nachbar namens Watzmann die Show. Zu unrecht: Der ewig Zweite begeistert nicht nur Sport- und Alpinkletterer, sondern auch Wanderer, Naturliebhaber und Alpinisten. Das Highlight für Nicht-Kletterer: Die Überschreitung des Hochkalter-Massivs über den „Schönen Fleck“.

Der Gipfel des Hochkalter steht oft im Schatten des Watzmann - zu unrecht! | Foto: Franz Güntner
Der Gipfel des Hochkalter steht oft im Schatten des Watzmann – zu unrecht! | Foto: Franz Güntner

Das Hochkalter-Massiv bei Berchtesgaden

Auf dem Weg zum Hochkalter-Gipfel warten einige alpinistische Prüfungen und zahllose Motive für die Kamera. Eine erste Ablenkung bietet von weitem bereits sein Anblick: Das Kalter-Massiv erhebt sich wie ein überdimensionierter Backenzahn aus einem Waldgürtel. Über dem Grün liegt eine Welt aus Stein, in dessen Mitte sich ein Hochtal befindet. Seine Öffnung liegt rund 800 Höhenmeter über dem Hintersee (Gemeinde Ramsau) und bietet einen fantastischen Blick auf die Bergwelt von Berchtesgaden.

Kein Wunder, dass dort auch die Blaueishütte steht. Hinter dem Haus wird das Tal immer enger und senkrechter, bis es schließlich im bis zu 50 Grad steilen Blaueis-Gletscher endet. Gleich darüber thront mittig der höchste Gipfel des Massivs, der 2.607 Meter hohe Hochkalter. Zu beiden Seiten des Tals erheben sich Spitzen und Felswände, linker Hand tragen sie Namen wie Schärten- und Blaueisspitze, rechts bilden Rotpalfen, Klein-, und Hochkalter einen langen, teils schmalen Felsgrat, den Bergwanderer überschreiten müssen.

Aufstieg über Blaueishütte

Die Rinne beginnt etwa eine halbe Stunde hinter der Blaueishütte und führt hinauf auf den Grat. | Foto: Franz Güntner
Die Rinne beginnt etwa eine halbe Stunde hinter der Blaueishütte und führt hinauf auf den Grat. | Foto: Franz Güntner

Vom Parkplatz am Hintersee geht es zunächst auf einer einfachen Forststraße zur 1.651 Meter hoch gelegenen Blaueishütte. Auf den letzten 200 Höhenmetern geht die Schotterpiste in einen gemütlichen Waldpfad über. Wer sich die vielen Kehren sparen möchte, wählt den „Telefonsteig“: Etwa 15 Minuten nach Beginn der Tour sieht man in einer Kehre (Schild: Fahrradfahren verboten) eine Forststraße rechts abzweigen. Dieser folgt man für wenige Minuten zu einem Parkplatz, auf dessen linker Seite der Steig beginnt. Dieser Waldpfad trifft später wieder auf die Forststraße, der man nach rechts folgt, dann geht es hinauf zur Blaueishütte.

Der DAV-Stützpunkt ist bei Tagestouristen besonders für den leckeren Kuchen bekannt. Achtung: Auf der Hochkalter-Überschreitung ist die Blaueishütte für eine lange Zeit der letzte Punkt, an dem man Wasservorräte auffüllen kann. Nach der Hütte wandert man taleinwärts, immer Richtung Gletscher. Der Weg ist gut markiert und ausgetreten. Nach etwa einer halben Stunde biegt man rechts ab und wählt den Aufstieg zum Hochkalter über den „Schönen Fleck“. Es folgt eine gut ausgetretene Schuttrinne, die im oberen Teil in eine kurze, sehr griffige Kletterwand übergeht. Die UIAA-Schwierigkeit II sollte man hier sicher und seilfrei gehen können.

Auf dem Grat zum Hochkalter

Kurz unterhalb des Schönen Fleck (einem Sattel) müssen Gipfelaspiranten auf der Hochkalter-Überschreitung eine kurze Steilstufe überwinden (UIAA 2). | Foto: Franz Güntner
Kurz unterhalb des Schönen Fleck (einem Sattel) müssen Gipfelaspiranten auf der Hochkalter-Überschreitung eine kurze Steilstufe überwinden (UIAA 2). | Foto: Franz Güntner

Oben angekommen folgt man dem langen Grat Richtung Hochkalter. Der Weg selbst ist gut markiert, zudem sieht man oft die Kratzspuren der Steigeisen. Drahtseile und Steighilfen wie am benachbarten Watzmanngrat sucht man hier allerdings vergebens. Es folgen noch zwei weitere kurze Kletterstellen in den untersten Schwierigkeitsgraden, die aber allesamt durch sehr griffige Steilstufen oder Rinnen führen. Immer wieder geht es auf dem mal schmalen, mal breiten Grat auf kleine Gipfel und hinab in Senken: Links unterhalb sieht man regelmäßig das Blaueis, dessen wirkliche Steilheit Wanderern erst jetzt bewusst wird. Rechts liegt stumm die Reiteralpe.

Nach einer letzten kurzen Kletterei durch eine Rinne steht man auf dem kleinen Plateau des Hochkalter und kann die Aussicht in das Wimbachgries, auf den Watzmann, die Hohen Tauern und viele weitere Massive der Ostalpen genießen.

Abstieg über das Klausbachtal

Für den Abstieg sollten Wanderern noch üppige Kraftreserven zur Verfügen stehen: Der Weg durch das Ofental führt die ersten 400 Höhenmeter über Steilstufen, Bänder und sandige Kare steil bergab. Auch hier findet man keine Steighilfen oder Drahtseile. Danach folgen weitere 400 Höhenmeter über Geröll, die man stellenweise abschottern kann, bis man endlich auf einen lieblichen Waldpfad trifft. Auf diesem geht es immer weiter bergab bis zu einer Forststraße und zurück ins Klausbachtal, auf der Westseite des Hochkalters. Dort folgt man dem Klausbach zurück zum Hintersee und zum Parkplatz.

Tourdaten zur Hochkalter-Überschreitung

  • Anfahrt: von München kommend über A8, Ausfahrt Piding. Dann zuerst nach Bad Reichenhall (B 20) und weiter über die Alpenstraße (B305) Richtung Ramsau. Später führt die Alte Reichenhaller Straße zum Hintersee.
  • Parken: Am besten parkt man auf der gegenüberliegenden Seeseite. Dort gibt es sowohl einen kostenlosen (Richtung Ramsau) als auch einen kostenpflichtigen (fünf Euro pro Tag) Parkplatz.
  • Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Mit der Bahn fährt man zunächst von München bis Freilassing und steigt dann in die Regionalbahn nach Berchtesgaden um. Dort wählt man den Bus 846 zum Hintersee. Wer in Ramsau die Tour beginnt und beendet, benötigt rund eine Stunde länger.
  • Gipfelaspiranten am Hochkalter sollten schwindelfrei sein. So eng wie hier ist der Weg allerdings selten. | Foto: Franz Güntner
    Gipfelaspiranten am Hochkalter sollten schwindelfrei sein. So eng wie hier ist der Weg allerdings selten. | Foto: Franz Güntner

    Charakter/Einordnung der Tour: Technisch anspruchsvolle Bergwandertour, die sicheres Gehen auf Graten und seilfreies Klettern im II. UIAA-Schwierigkeitsgrad (wenige Stellen) erfordert. Aufgrund der Länge der Tour und der fehlenden Abstiegsmöglichkeiten am Grat sollte der Hochkalter nur bei bestem Wetter begangen werden. Bei der Überschreitung handelt es sich um eine alpine Tour ohne Stützpunkt oder Biwakschachteln. Auch der Abstieg durch das Ofental darf nicht unterschätzt werden.

  • Schwierigkeit: maximal UIAA 2, schwierige Pfade und Steige; Drahtseilsicherungen fehlen.
  • Länge der Tour: Aufstieg zu Fuß vom Parkplatz Hintersee bis Blaueishütte: 2,5 Stunden (aus Ramsau rund 30 Minuten länger) / Aufstieg Blaueishütte bis Gipfel des Hochkalters: 3,5 Stunden / Abstieg durch das Ofental und zurück zum Parkplatz: etwa 4 Stunden.
  • Höhenmeter: Parkplatz (rund 800 Meter) – Blaueishütte (rund 1.651 Meter): 850 Höhenmeter / Höhenunterschied bis zum Gipfel: etwa 1.000 Meter / Aufgrund von zusätzlichen Auf- und Abstiegen entlang des Grates insgesamt rund 2.000 Höhenmeter.
  • Ausrüstung: Wanderausrüstung und Wetterschutzkleidung (Mütze, Klettersteighandschuhe, warmer Pulli/Jacke), für den Abstieg unter Umständen Stöcke
  • Zwei-Tages-Variante: Tag 1: Aufstieg zur Blaueishütte mit Übernachtung, Tag 2: Hochkalter-Überschreitung und Abstieg
  • Beste Zeit: Juli bis Oktober.
  • Einkehrmöglichkeiten: Blaueishütte (Tipp: Kuchen essen!)
  • Download GPS-Track Hochkalter-Überschreitung (Rechtsklick + Ziel/Link speichern unter)

Bergsport-Ausrüstung bei Bergzeit:

Karte mit GPS-Track

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