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Sicherer Halt in Eis und Fels

Grivel Air Tech New Matic Steigeisen im Test

7 Minuten Lesezeit
Das Grivel Air Tech New Matic verspricht guten Halt am Schuh, sowohl im Eis als auch am Fels. Bergzeit Autor Franz Güntner hat die Steigeisen unter die Füße genommen.

Der kleine Ort Courmayeur auf der Südseite des Mont Blanc ist vor allem als Basis für Bergabenteuer auf viele spektakuläre Alpengipfel bekannt. Nicht ganz unpassend dazu liegt auch der Hauptsitz der Firma Grivel in dem beschaulichen 3.000-Seelen-Ort. Courmayeur steht für Eis, Fels und hohe Berge – und Grivel für die passende Ausrüstung dazu.

Grivel Air Tech New Matic: Funktionen

Grivel Air Tech New Matic von oben
Die Air Tech New Matic von Grivel – halten sie im Test, was sie versprechen? | Foto: Franz Güntner

Passend für Eis und Schnee ist das neue Steigeisen aus Courmayeur, das Grivel Air Tech New Matic, auf jeden Fall: Der halbsteife Zwölf-Zacker mit zwei festen Frontalzacken ist ein klassisches Steigeisen mit Kipphebel an der Ferse und Korb im Zehenbereich. Damit eignet es sich für bedingt steigeisenfeste Bergschuhe – also jene mit einer „Lippe“ (einem kleinen Vorsprung) an der Ferse und einer runden Zehenkappe. Sein Bindungssystem nennt Grivel übrigens „New Matic“.

Ballen und Fersenbereich verfügen über ein Anti-Stollen-System, das bei Grivel Antibott heißt und – soviel sei schon verraten – sehr gut funktioniert. Beide Teile trennt ein gelochter Mittelsteg, der eine praktische Skala besitzt und über den man die Grivel Air Tech New Matic schnell auf die jeweilige Schuhgröße einstellen kann. Egal ob kleine Füße oder große Füße: Zwischen den Schuhgrößen 35 und 46 deckt das Grivel alle Zwischenstufen ab. Lediglich bei kleineren Füßen muss man den Steg umdrehen, aber auch das stellt kein Problem dar.

Der Lieferumfang des Grivel Air Tech New Matic

Der Lieferumfang überzeugt auf den ersten Blick leider weniger: Außer einer kurzen Anleitung liegen nur die Steigeisen in der Verpackung. Eine stichfeste Tasche für die scharfen Gerätschaften liegt nicht bei. Hier könnte sich Grivel von anderen Herstellern wie Petzl eine Scheibe abschneiden. Schade ist auch, dass der Korb vorne genietet ist, das heißt die Steigeisen können nicht bei Bedarf zu Automatik-Eisen umgebaut werden. Und da Grivel auch für hinten keine Riemenbindung anbietet, fehlt die Möglichkeit, die Steigeisen auch für nicht bedingt steigeisenfeste Schuhe (also solche ohne Lippe an der Ferse) umzubauen. Man kauft also ein Paar Steigeisen für genau einen Schuhtyp. Andere Hersteller sind da etwas großzügiger.

Die Steigeisen in der Praxis: Auf geht’s zur Marmolada

Franz Güntner beim Aufstieg auf die Marmolada.
Die Steigeisen im Praxistest auf der 3.343 Meter hohen Marmolada. | Foto: Franz Güntner

Zum Glück war eine feste Tüte für die scharfen Steigeisen schnell gefunden und so durften die Grivel Air Tech New Matic ihre Fähigkeiten auf einer Tour zur Königin der Dolomiten, die 3.343 Meter hohe Marmolada, beweisen. Als Aufstieg wählten wir den Westgrat, der sich als leichter Klettersteig nach oben zieht. Zwar gab es – bedingt durch den Schneefall der Tage zuvor – nur wenig Blankeis, dafür waren die Felsbänder auf dem Westgrat gut angeschneit und teilweise auch vereist. Und weil zu einem Gletscher auch immer etwas Felskontakt gehört, schienen die Bedingungen ideal für unseren Test zu sein.

Vor der Tour die Technik: Anpassung der Steigeisen auf die Schuhe

Bevor wir aufbrechen, müssen die Steigeisen jedoch meinen Schuhen angepasst werden. Das geht recht flott: Die kleine Spange, die den Mittelsteg fixiert, nach oben drücken, dann kann der Steg – je nach Schuhgröße – vor- oder zurückgeschoben werden. Ist das geschafft, überprüft man die Höhe des Kipphebels: Er sollte an der „Lippe“ der Ferse einrasten. Da dieser kleine Vorsprung am Schuh je nach Hersteller und Modell mal höher und mal niedriger sitzt, kann man den Kipphebel mit einem kleinen Drehrad in der Höhe verstellen. Sitzt das Steigeisen am Fuß, muss es noch mit einem Band fixiert werden: Das Band führt von der Ferse zum Korb nach vorne und von dort auf der anderen Seite wieder zurück. Mitthilfe eines einfachen Verschlusses kann man das Band enger ziehen. Ist es viel zu lang, kann man es auch abschneiden – sonst stören die Enden beim Gehen.

Wie funktioniert das Aus- und Anziehen?

Das Aus- und Anziehen funktioniert bei den Grivel Air Tech New Matic kinderleicht: Steigeisen auf den Boden legen, einsteigen, an den Korb nach vorne rutschen und hinten den Kipphebel hochziehen. Jetzt müssen die Steigeisen nur noch mittels Band fixiert werden. Dazu gibt es einen speziellen Verschlussmechanismus. Er besteht aus zwei Ringen, die in einer engen Schlaufe miteinander verbunden sind. Zunächst fädelt man das Band durch beide Ringe, danach am oberen Ring vorbei und durch den unteren Ring wieder zurück. Der Verschluss funktioniert so wie eine Rücklaufsperre: Man kann das Band zwar fester ziehen, aber es lockert sich nicht mehr von alleine. Das Prinzip kennt man von der sogenannten Garda-Klemme. Zum Öffnen des Verschlusses befindet sich am unteren Ring eine Zughilfe – zieht man daran, lockert sich das Band wieder. Wie gesagt: kinderleicht!

Was leistet das Air Tech New Matic am Gletscher?

Franz Güntner beim Abstieg von der Marmolada.
Die Anti-Stoll-Platte liefert im weichen Schnee gute Dienste. | Foto: Franz Güntner

Das Grivel Air Tech New-Matic verfügt über zehn Zacken und zwei weitere Frontalzacken, die man vor allem für Hangquerungen und beim Abstieg benötigt – aber auch im Fels, wie wir weiter unten noch sehen werden. Die kurzen und gezahnten Zacken erlauben auch steileres Gelände.

Der bis zu 45 Grad steile Gletscher brachte das Grivel Air Tech New Matic natürlich nicht an seine Grenzen: Sowohl im Auf- als auch im Abstieg hatte ich jederzeit die Kontrolle. Die kurzen Zacken verringern zudem die Gefahr, die Füße nicht hoch genug zu heben und auf dem Eis hängen zu bleiben.

Auch der Abstieg im weichen Schnee – immerhin hatte es an diesem herrlichen Spätsommertag selbst auf 3.000 Meter knapp 13 Grad – gelang ebenfalls problemlos, hier leistete die Anti-Stoll-Platte „Antibott“ gute Dienste. Anti-Stoll-Platten sind kleine Kunststoffplättchen, die sowohl den Fersen als auch den Ballenbereich bedecken und eine glatte Oberfläche unter dem Schuh bilden. Sie sollen das Verklumpen des Schnees am Fuß verhindern. Das ist wichtig, denn gerade beim Abstieg am Nachmittag kommt es vor, dass sich so dicke Schneeklumpen am Fuß bilden, dass die Steigeisen nicht mehr in das Eis eindringen können. Dann droht die Gefahr, dass man abrutscht.

Wie schlägt sich das Air Tech New Matic am Fels?

Franz Güntner beim Übergang vom Eis zum Fels.
Auch im Fels bieten die Grivel Air Tech New Matic festen Halt. | Foto: Franz Güntner

Steigeisen wurden zwar für Gletscher gemacht, in der Praxis sind aber Felsberührungen häufig. Im Falle des Marmolada-Westgrates mussten wir sogar mit ihnen klettern. Für schwierigere kombinierte Eis- und Felsrouten sind die Grivel Air Tech New Matic zwar nicht steif genug, dennoch kann man kurzfristig genügend Druck auf die Frontalzacken bringen, sodass sie auch auf kleinen Leisten halten. Auch hier hilft es, dass die Vertikalzacken etwas kürzer sind, denn dadurch ist die Hebelwirkung bei kleinen Tritten nicht so groß und das Trittgefühl etwas besser. Vor allem die Zacken am Ballen braucht man im leichten Felsgelände häufig.

Ebenfalls praktisch: Die Steigeisen sind aus Stahl! Das verleiht ihnen mehr Stärke und eine längere Lebensdauer – gerade im Fels. Und weil dort höhere Kräfte auf Schuh und Steigeisen wirken, ist eine besonders feste Verbindung extrem wichtig. Auch hier zeigt sich, dass die Damen und Herren aus Courmayeur wissen, wie man gute Steigeisen baut: Die Grivel Air Tech New Matic saßen immer perfekt am Fuß und lockerten sich nie.

Fazit zum Grivel Air Tech New Matic

Franz Güntner beim Aufstieg zur Marmolada.
Das Grivel Air Tech New Matic hat Franz Güntner bei seinem Praxistest überzeugt. | Foto: Franz Güntner

Das Grivel Air Tech New Matic ist ein solides Steigeisen, mit dem man kaum etwas falsch machen kann – und das einem, dank seiner Fertigung aus Stahl, auch viele Jahre guten Dienst erweisen wird. Mit rund 900 Gramm pro Paar zählt es zwar nicht zu den Leichtgewichten, bietet dafür aber ausreichend Sicherheitsreserven, falls der Weg nicht nur über den Gletscher, sondern eben auch mal über Fels führen soll.

Im Überblick:
+ guter Halt in Eis, Schnee und Fels
+ sitzt gut am Fuß
+ Anti-Stoll-Platten arbeiten zuverlässig
+ schnell eingestellt
keine Tasche dabei
passt nur auf einen Schuhtyp (Korb vorne, Kipphebel hinten)

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