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Weintour im Nordschwarzwald

Wandern rund um Durbach in der Ortenau

7 Minuten Lesezeit
Wandern und Wein gehören im nördlichen Schwarzwald zusammen. Für die hier vorgestellte Tour in der Ortenau braucht man etwas Ausdauer - dafür lässt sie sich mit diversen (W)Einkehrmöglichkeiten wunderbar genießen.
Märchenhafte Stimmung beim Wandern in der Ortenau - hier der Blick vom Brandeckturm bei Durbach über den Schwarzwald im Sahara-Staub. | Foto: Sabine Dettling
Märchenhafte Stimmung beim Wandern in der Ortenau – hier der Blick vom Brandeckturm bei Durbach über den Schwarzwald im Sahara-Staub. | Foto: Sabine Dettling

Durbach, in der Vorbergzone zwischen dem Rheintal und den Höhenzügen des Schwarzwaldes an der Badischen Weinstraße gelegen, ist vor allem durch seine Weine bekannt – der 4.000-Einwohner-Ort in der Region Ortenau ist Badens höchstprämierte Weinanbaugemeinde. Die landschaftlich sehr abwechslungsreiche Gegend um Durbach ist außerdem ein wahres Paradies für Wanderer und Mountainbiker.

Erst das Frühstück, dann die Wanderung …

Der Festplatz von Durbach ist Ausgangspunkt einer mehr als 22 Kilometer langen Wanderung durch wunderschöne Natur und zu historisch bedeutsamen Stätten. Ein reichliches Frühstück ist ob der Strapazen, die vor dem Wanderer liegen, unbedingt zu empfehlen. Da kommt das Café Müller, das nach einem knappen Kilometer auf der linken Seite der Durbacher Ortsdurchfahrt „Tal“ mit ofenfrischen Leckereien wartet, gerade recht.
Zwei Vollkornbrötchen mit Butter und Marmelade später wandern wir an einem Samstagmorgen im Frühling über die Laubengasse und die Obere Nachtweide in die Weinberge hinein, die noch im Winterschlaf liegen. Durch dichten Nebel gehen wir auf den Sendelbach zu. Vor dem Weingut Heinrich Männle warten einige Weinzähne ungeduldig darauf, dass das Ladengeschäft die Tore öffnet. Uns steht der Sinn nicht nach Wein. Noch nicht. Wir genießen die stille Einsamkeit zwischen Weinreben und dichtem Wald.

Der erste größere Anstieg der Wanderung führt aufs Heidenknie (515 Meter). | Foto: Sabine Dettling
Der erste größere Anstieg der Wanderung führt aufs Heidenknie (515 Meter). | Foto: Sabine Dettling

Schließlich biegen wir auf den mit der gelben Raute markierten Wanderweg des Schwarzwaldvereins ein. Der Nebel sorgt für eine ganz besondere Stimmung, zu welcher der Mythos Heidenknie (515 Meter) wunderbar passt. Die steil ansteigende Rampe hat die Form eines Knies und geht in ein ovales Plateau über, das an seinen Flanken steil abfällt. Vielleicht ist die Anhöhe zumindest teilweise künstlich aufgeschüttet und könnte somit eine Hinrichtungs- und Opferstätte gewesen sein. Anlass zu dieser Spekulation gibt die Tatsache, dass vor allem im Orient noch heute Brauch ist, einen Stein vor solchen Stätten abzulegen, und der Steinhaufen Absoloms Grab in unmittelbarer Nähe liegt. Dieser könnte jedoch auch ein einfacher Lesesteinhaufen und damit ein Indiz für die einstige Landbewirtschaftung des heute bewaldeten Höhenzuges sein.

Schwarzwald-Aussicht vom Brandeckkopf (693 Meter)

Nach mehreren Kilometern stillen Wanderns durch märchenhaften Wald zweigt ein schmaler Pfad nach links ab. An einem Baum ist ein in die Jahre gekommenes Schild angebracht, das uns zeigt: Zum Brandeck-Turm hier entlang.

Der 23 Meter hohe Brandeckturm wurde 1895 vom Schwarzwaldverein erbaut. | Foto: Sabine Dettling
Der 23 Meter hohe Brandeckturm wurde 1895 vom Schwarzwaldverein erbaut. | Foto: Sabine Dettling

Vom Aussichtsturm auf dem Brandeckkopf (693 Meter) schweift der Blick in klarer Luft über das Rheintal hinweg zu den Vogesen und über die Berge des Schwarzwalds mit Hornisgrinde und Kandel. Der 23 Meter hohe Turm wurde im Jahre 1895 im Auftrag der Sektion Offenburg des Schwarzwaldvereins erbaut. Als wir auf der Plattform stehen, sorgt eine Mischung aus Talnebel und gelblichen Sahara-Staub-Schleierwolken am Himmel für mystisches Licht, und die Berge des Schwarzwaldes in Nah und Fern schimmern in Blau- und Grautönen.

Einkehr im Brandeck-Lindle

Das Lindle auf der Passhöhe ist das nächste Etappenziel der Ortenau-Wanderung. So nett der Name klingt, so wenig harmlos ist die Vergangenheit der Gerichtslinde als Ort der Verhandlung von Grenzstreitigkeiten – unweit von hier verläuft die Grenze zwischen Ohlsbach, Offenburg und Durbach. Auf dem Weg vom Lindle hinunter zum Höhengasthaus Brandeck-Lindle steht ein hübscher Bildstock mit schwer zu entziffernder Inschrift: „Got zu Ehren Andreas Beuer und Theresia Bruderin Beim Lindle“. Dieser Bildstock trägt dieselbe Jahreszahl wie der Steintrog, der bis vor einigen Jahren am Gasthaus stand: 1767. Stifter war wahrscheinlich der Erbauer oder Besitzer des 17 Hektar großen Anwesens auf Brandeck-Lindle.

Im schönen Biergarten des Gasthauses, von Baptist und Anna Kimmig Mitte der Zwanziger Jahre eröffnet, legen wir die nächste Pause ein. Und genießen ein kühles Bier an einem Ort, an dem Politik- und Sozialgeschichte geschrieben wurde. 1880 erwarb der pensionierte k.u.k.-Offizier Wilhelm Strehlen ein an den Hof angrenzendes Areal und baute ein einfaches Holzhaus zur Villa Strehlen aus. Strehlen, offen für die Probleme seiner Zeit, verkehrte bald in den Kreisen der Offenburger Sozialdemokraten. 1886 ging das Anwesen in den Besitz der Arbeiterpartei über, und die Villa avancierte zum Stützpunkt und Versteck der Genossen, die zu Zeiten des Bismarck’schen Sozialistengesetzes zwischen 1878 und 1890 der gemeingefährlichen Bestrebungen verdächtig waren. Die Gäste der Villa waren prominent. Unter dem scharfen Auge der Obrigkeit ein und aus gingen unter anderem das Ärzte-Ehepaar Otto und Hope Adams Walther sowie die Politiker Adolf Geck, August Bebel, Clara Zetkin und Wilhelm Liebknecht.

Weihnachtsbäume im Frühjahr

Das "Lindle" wie die Gerichtslinde auch genannt wird, steht nahe der Grenze zwischen Durbach, Ohlsbach und Offenburg. Hier wurden früher Grenzstreitigkeiten ausgetragen. | Foto: Sabine Dettling
Das „Lindle“, wie die Gerichtslinde auch genannt wird, steht nahe der Grenze zwischen Durbach, Ohlsbach und Offenburg. Hier wurden früher Grenzstreitigkeiten ausgetragen. | Foto: Sabine Dettling

Hinter dem Lindle führt ein bequemer Waldweg hinunter nach Rittersberg, wo an den Hängen dicht an dicht die Weihnachtsbäume der Zukunft gedeihen. Wir haben Mitleid mit den hübschen kleinen Nordmanntannen im sattgrün glänzenden Nadelkleid. Sie tragen im zeitigen Frühjahr das Etikett „Weihnachtsbaum aus Baden-Württemberg“ und sehen ihrem baldigen Ende entgegen.

Das Plätschern des kleinen Bächleins am Wegesrand muntert uns wieder auf, und bald erreichen wir den Durbacher Ortsteil Gebirg. Gemütlich schlendern wir den Durbach entlang. Kurz nach dem Abzweig nach Brandeck biegen wir rechts ab und gehen abermals zwischen Weinreben bergan. Auf dem Genießerpfad angekommen, eröffnen sich vom Rand der Weinberge zauberhafte Tiefblicke hinunter ins Durbacher Tal, dessen sattes Frühlingsgrün einen reizvollen Kontrast zum milchig-trüben Himmel bildet.

Wein-Stopp im Hummelswälder Hof

Über einen wenig frequentierten Waldweg, der sich in einer großzügigen Kehre um ein kleines Tal herum windet, erreichen wir die Wegkreuzung im Hummelswald. Hier legen wir abermals einen Zwischenstopp ein, dieses Mal im idyllisch zwischen Rebenlandschaft und Wald gelegenen Landgasthof Hummelswälder Hof.

Nach einem Glas guten Durbacher Rieslings und einer kleinen Vesper wandern wir über den Renchtalsteig hinab zur 1913 erbauten Brandstetter Kapelle auf der Passhöhe zwischen Durbach- und Renchtal und queren die Badische Weinstraße. Hier mischen sich unter die Mountainbiker und zünftigen Wanderer todschick gekleidete Damen und Herren. Noblen Karossen entstiegen, steuern sie die anderthalb Kilometer entfernt gelegene, hoch über Durbach thronende, sagenumwobene Ganerben-Burg der Grafen von Staufenberg an. Die Burg aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ist heute bekannt als Weingut Schloss Staufenberg.

Burg und Wein

Weingut Schloss Staufenberg bei Durbach ist einer der möglichen Weinstopps auf der Wanderung - auch wenn man hier lieber Wander- gegen Nobelkluft tauschen sollte. | Foto: Sabine Dettling
Weingut Schloss Staufenberg bei Durbach ist einer der möglichen Weinstopps auf der Wanderung – auch wenn man hier lieber Wander- gegen Nobelkluft tauschen sollte. | Foto: Sabine Dettling

Oberhalb der Burg gedeiht seit 1782 ein Riesling mit einem eigenen Namen: Klingelberger. Dieser, so der Volksmund, heißt deshalb so, weil die Harken der Winzer immer wieder auf Oberkircher Granit stießen und ein klingelndes Geräusch erzeugten. Heute trifft man sich im Hof des Weinguts ganz vornehm bei Häppchen und Sekt und plaudert am Stehtischchen unter blütenweißem Tischtuch.

Wir bewundern die grandiose Aussicht auf das Durbacher Tal und lassen die vornehme Gesellschaft links liegen. Auf dem Ortenauer Weinpfad gehen wir müde und zufrieden durch Weinberge und Wald hinunter nach Durbach. Aber es geht nicht gleich zurück zum Ausgangspunkt am Festplatz. Die Durbacher Weinstube lockt mit leckerem Flammkuchen. Dem können wir nicht widerstehen.

Tourdaten zur Ortenau-Wanderung rund um Durbach

  • Start: Festplatz Durbach, Parkplatz und Wohnmobil-Stellplatz.
  • Anreise: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Zug bis Bahnhof Offenburg, mit Südwestbus Linie 7142 bis Haltestelle Durbach Tennisplatz. Mit dem Auto: Autobahn A5 von Karlsruhe nach Basel, Ausfahrt Appenweier, B 28 und B 3, Zufahrt Festplatz Durbach über Almstraße oder Am Bühl.
  • Länge: 22,5 Kilometer
  • Höhendifferenz: 199 bis 674 Meter
  • Höhenmeter: bergauf und bergab 864 Meter
  • Schwierigkeitsgrad: einfache, aber lange Wanderung
  • Karte: F503 Freizeitkarte Offenburg – Ortenau – Kinzigtal. Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, 1:50 000.

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Einkehrmöglichkeiten:

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