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Wenn's harschig wird

Harscheisen: Einsatz und Funktionsweise im Gelände

6 Minuten Lesezeit
Harscheisen sind ein wichtiger Teil der Skitourenausrüstung. Doch wann und in welchem Gelände sollten sie idealerweise zum Einsatz kommen, ohne unnötigerweise das Gehen zu erschweren? Und wann kannst Du auch ohne Harscheisen gehen? Hier findest Du Antworten auf diese und weitere Fragen!

Der Name ist Programm: Harscheisen werden benötigt, wenn der Schnee „harschig“ ist, sprich wenn sich an der Oberfläche ein fester, gefrorener Deckel gebildet hat. Unter diesen Bedingungen hat man im Aufstieg häufig Probleme, da die Skitourenfelle nicht mehr genügend Reibung aufbauen und damit keinen ausreichenden Halt mehr bieten.

Im flachen Gelände kann dies zwar durch saubere Gehtechnik kompensiert werden, wenn es jedoch etwas steiler wird, gestaltet sich das immer schwieriger. Noch dazu erschweren die modernen, breiteren Ski das Gehen hier noch zusätzlich, da es mit ihnen schwieriger wird, in harschigem oder eisigem Gelände entsprechenden Grip aufzubauen oder die Kante zu belasten.

Was sind Harscheisen?

Harscheisen sorgen auf eisigem, harschigem Untergrund für mehr Stabilität und Sicherheit: Die krallenähnlichen Anbauteile werden in die Bindung montiert und durch das Gewicht beim Auftreten des Tourengehers links und rechts des Skis in den Schnee gepresst. Durch die entsprechend vorgeformten Zacken rutscht der Ski nicht mehr nach hinten oder zur Seite weg.

Entlastet man den Ski, rutscht das Harscheisen automatisch wieder nach oben und gibt den Ski frei. Je nach Hersteller werden die Harscheisen etwas unterschiedlich montiert, doch grundsätzlich funktioniert das Prinzip immer ähnlich.

Wie findest Du das richtige Harscheisen?

Auf der Suche nach dem passenden Harscheisen für Deine Tourenski sind zwei Fragen entscheidend:

  1. Sind die Harscheisen mit Deiner Tourenbindung kompatibel?
  2. Was ist die richtige Breite der Harscheisen in Relation zu Deinem Tourenski?

Welche Harscheisen für welche Tourenbindung?

So viele unterschiedliche Modelle an Skitourenbindungen es gibt, so unterschiedlich sind auch die Modelle der dazugehörigen Harscheisen. Teils sind diese miteinander kompatibel, teils passt nur das Original-Harscheisen. Vor dem Einsatz (bzw. dem Kauf) empfehle ich daher unbedingt zu überprüfen, ob Bindungs- und Harscheisenmodell miteinander kompatibel sind und die Montage zu üben. Bei mir waren die ersten paar Versuche etwas hakelig, irgendwann klappt das Einschieben der Harscheisen dann aber leichter.

Tabelle: Kompatibilität Harscheisen & Tourenbindung

Marke / ProduktnameBindungs-KompatibilitätBreiten in mm
ATK CramponATK, Dynafit (außer Rotation [Radical II]), Marker Apinist, Marker Cruise75, 86, 91, 97, 102, 108, 120
ATK Race Superlight Crampons-70
ATK Crampon Double Shell-135
Dynafit TLT HarscheisenDynafit, ATK, Marker Apinist, Marker Cruise80, 90,100, 110, 120, 130
Dynafit Speed Crampon 78 mm-78
Fritschi Vipec/Tecton HarscheisenNur mit Vipec Evo und Tecton90, 100, 115
Fritschi Xenic HarscheisenNur mit Xenic85, 95, 105
Fritschi Axion HarscheisenNur mit Scout86, 110
G3 Ion HarscheisenG3 Ion, Onyx, Targa, ZED; Crampon Conector: unabhängig von Bindung montierbar85, 95, 105, 115, 130
Marker Harscheisen PintechNur mit Kingpin und Alpinist80, 120

Die Angaben in der Tabelle wurden sorgfältig geprüft, sind jedoch ohne Gewähr.

Solltests Du spezielle Fragen zur Kompatibilität von Harscheisen und Tourenbindungen haben, dann wende Dich gerne an unsere Bergzeit Produktberatung.

Welche Harscheisen-Größe ist die richtige?

Für alle gängigen Hersteller gilt dasselbe: Es gibt für unterschiedliche Skibreiten unterschiedliche Harscheisen-Größen. Im Idealfall ist das Harscheisen nur wenig breiter als der Ski. Ein zu enges Harscheisen lässt sich erst gar nicht auf den Ski montieren, ein zu breites macht das Handling etwas schwieriger.

⚠️Faustregel: Ski-Mittelbreite + 2mm

Addiere 2 mm zur Mittelbreite Deiner Ski, um die passende Breite der Harscheisen zu erhalten.

Wann kommen Harscheisen zum Einsatz?

Eisige und harschige Bedingungen sind das Metier von Harscheisen. Gar nicht so selten werden diese auf Skitour trotzdem entweder zu spät oder gar nicht mehr angelegt.

Man beginnt einen Hang aufzusteigen und trottet vor sich hin. Nach oben hin wird der Hang zunehmend schwieriger zu gehen und zeigt sich noch dazu harschig. Nun steht man mitten drin im steilen Hang. Eigentlich müsste man jetzt die Ski abschnallen und die Harscheisen montieren. Ein derartiges Szenario ist kein besonders angenehmes Gefühl, so dass man sich mancheiner doch lieber auf wackligen Beinen nach oben kämpft.

Abhilfe schafft hier vorausschauendes Gehen, indem man den Hang vorher inspiziert, sich die aktuellen Bedingungen vor Augen hält und überprüft, wie die eigenen Fähigkeiten sind. So kannst Du besser erkennen, wann die richtige Zeit zur Montage Deiner Harscheisen gekommen ist.

Es gibt auch vormontierbare Harscheisen, beispielsweise von Fritschi. Diese lassen sich so montieren, dass Du sie erst im Ernstfall um 180 Grad kippst, damit sie dann greifen können. So sparst Du Dir unnötiges Gehen mit „aktiven“ Harscheisen, was sich anstrengender anfühlt. Bei Bedarf kannst Du diese Harscheisen aber jederzeit verwenden, ohne die Ski abschnallen zu müssen.

Ein weiteres Problem das häfig in Bezug auf Harscheisen vorkommt: Man hat erst gar keine Harscheisen dabei. Auch bei eigentlich guten Bedingungen kann es einen erwischen und ein Hang kann harschiger/eisiger sein als gedacht. Hier hilft eine sorgfältige Tourenplanung oder der Biss in den sauren Apfel und ein dauerhaftes Mitführen der Steighilfen.

💡Tipp: Harscheisen platzsparend im Rucksack verpacken

Um den Platzverlust im Rucksack zu minimieren, kann man im Hohlraum der Harscheisen sehr gut ein kleines Erste-Hilfe-Set verstauen.

Wann kommen Harscheisen an ihre Grenzen?

Gerade in steilerem Gelände bei schwierigen Bedingungen ist der Einsatz von Harscheisen alleine keine Garantie für guten Halt. Eine saubere Gehtechnik sowie die Spurwahl sind dann besonders wichtig.

Bei den meisten Harscheisen-Modellen ist es so, dass diese nicht mehr wirklich greifen, wenn an der Bindung die höchste Steighilfe installiert ist. Dies liegt daran, dass der Fuß die Steighilfe dann nicht mehr in den Schnee pressen kann. Im Zweifel muss eine weniger steile Routenwahl getroffen werden. Auch mit Harscheisen kann es also wackelig und subjektiv unsicher werden, gerade bei Spitzkehren.

Wann geht man besser ohne Harscheisen?

Prinzipiell rate ich, bei entsprechenden Schneebedingungen und schwierigem Gelände (Stichpunkt Absturzgefahr) mit Harscheisen zu gehen. Doch wie so häufig ist es eine Gratwanderung, wann die Eisen zum Einsatz kommen und wann man sie im Rucksack lässt. Der Nordtiroler Skitouren-Experte Lukas Ruetz fasst das für mich ganz gut zusammen:

„Bei optimaler Gewichtsverlagerung, einem Fell, das sauber an fast der gesamten Skilänge bis an den Rand geht und noch nicht „nackt“ an den Rändern ist, intensivem Stockeinsatz, dem richtigen Aufkantwinkel sowie einem flachem Aufstiegsweg mit nicht allzu viel Steigung (damit der Ski annähernd senkrecht zur Falllinie des Hanges steht, also quer zum Gefälle), kann man locker noch verharschtes Gelände begehen, wo sich der Großteil mit Harscheisen nicht mehr wohl fühlt. Und zwar ohne dauernd wegzurutschen. Das erfordert allerdings viel Übung und bei den Spitzkehren – bei wirklich glatten, steilen Hängen auch die notwendigen Nerven dazu.“

Wichtig ist hierbei, dass man sich mit seiner Entscheidung (mit oder ohne Harscheisen) wohl fühlt. Dies ist jeweils abhängig vom eigenen Können, den aktuellen Bedingungen, dem Hang aber auch dem Equipment, wie beispielsweise Skibreite oder Kantenbeschaffenheit. Auch kann es manchmal bei einer vereisten Spur helfen, leicht versetzt zu laufen (also einen Fuß in und einen neben der eigentlichen Spur).

Als Alternative zu den Harscheisen gehe ich manchmal auch mit den Ski auf dem Rücken und zu Fuß. Mit Tourenskischuhen lässt es sich – in der Regel – auch bei hartem Harschdeckel gut gehen, da die oberste Schicht dann doch einbricht, wodurch der Fuß Halt findet.

Welche Harscheisen für Splitboards?

Ja, auch mit dem Splitboard kommst Du bei verharschtem Untergrund sicherer voran, wenn Du Harscheisen anlegst. Wie bei Tourenski sind Bindungshersteller und Breite des Boards bei der Auswahl entscheidend.

Fazit zum Einsatz von Harscheisen

Harscheisen sind eine nützliche Hilfe und können das Stresslevel bei ungünstigen Bedingungen deutlich senken. Ein Allheilmittel ist ihr Einsatz allerdings nicht. Wichtig ist, dass man sie überhaupt dabei hat, dass man sie montieren kann (was bei -10°C im Steilhang natürlich etwas anderes ist als im Wohnzimmer) und um die möglichen Schwierigkeiten weiß. Außerdem sollte man mögliche Alternativen im Hinterkopf haben (Gehen ohne Harscheisen, Umkehr, Fußmarsch), um für alle Situationen gewappnet zu sein.

👉 Wichtig: Das beste Harscheisen hilft bei schlechter Gehtechnik oder falscher Verwendung im Zweifel nur wenig. Achte bei schwierigen Bedingungen trotzdem auf Deine Gehtechnik und evaluiere Deine Optionen.

Suchst Du noch Harscheisen für Deine nächste Skitour? Hier geht’s zum Bergzeit Shop!

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