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Neuauflage eines Klassikers

Die Kletterschuhe Boreal Mutant 2.0 im Test

6 Minuten Lesezeit
Boreal hat mit dem Mutant einen echten Klassiker überarbeitet. Was dabei herausgekommen ist, ob der Schuh auch auf kleinen Leisten hält und wie bequem er ist, hat unser Tester Stefan in allen Kletter- und Lebenslagen ausprobiert!

Der Boreal Mutant ist wahrlich kein Neuling im Reich der Kletterschuhe. Bereits zu den Anfängen des Kletterfilms kletterten Ikonen des Sports wie Dani Andrada den Ur-Mutanten in den härtesten Routen. Die Neuauflage des Erfolgsmodells kommt – wie der Name schon vermuten lässt – mit neuen „Mutationen“, in noch kräftigerem Grün und – im Zeichen der Zeit – natürlich mit vollständig gummierter Zehenbox.

Mutant 2.0 – die Eigenschaften

"ideale Kraftübertragung" verspricht Boreal - kann der Mutant das einlösen? | Foto: Stefan Folger
„… ideale Kraftübertragung“ verspricht Boreal – kann der Mutant das einlösen? | Foto: Stefan Folger

Boreal beschreibt den „Mutant“ anno 2016 als High-Performance Kletterschuh. Dazu wurde der extra-klebrige hauseigene Zenith-Gummi unter die Sohlen montiert und neben dem Hauptmaterial Leder auch noch das sogenannte „Lateral Torsion System“ verbaut. Dieses soll in Verbindung mit verschieden dicken Gummierungen helfen, den Fuß optimal im Schuh zu halten und für ideale Kraftübertragung zu sorgen. Nichts bahnbrechend Neues, aber dennoch eine solide Weiterentwicklung.

Vom Karton in die Freiheit – das Unboxing

Auf den ersten Blick ist der neue Boreal Mutant ein Performance-Kletterschuh wie viele andere: Toehook Patch, Fersenband, ein Velcrostrap und eine aggressive Ferse. Und doch ist er anders.

Entgegen dem aktuellen Trend zu superweichen und sensiblen Bouldersocken ist der Mutant am Anfang sehr steif. Die Zwischensohle bietet viel Widerstand gegen Verformen und erinnert so gar nicht an Modelle wie den Drago von Scarpa oder den Skwama von La Sportiva. Auch Vorspannung und Downturn fallen für so eine „High-Performance-Waffe“ für harte Boulder und steile Sportkletterrouten eher moderat aus.

Passform und Größenwahl

Wer breite Füße hat, wird den Mutant lieben. | Foto: Stefan Folger
Wer breite Füße hat, wird den Mutant lieben. | Foto: Stefan Folger

Am Fuß sitzt der Schuh aufgrund seiner Konstruktion sehr bequem. Der Mutant ist einer der breitesten Kletterschuhe, die ich kenne. Gut für mich – aber auch hier merkt man sofort, dass er schon zu den härteren (Kletterschuhmodellen) gehört.

Passform: Durch den breiten Schnitt kommt es beim Mutant nicht wie bei anderen, schmäleren Schuhen zu einer Größenverschiebung aufgrund der Fußbreite (breite Füße passen nicht in den vorderen Bereich des schmalen Schuhs und der Schuh müsste zu groß gewählt werden). Allerdings haben Kletterer mit schmalen Füßen wahrscheinlich etwas viel Luft in diesem Schuh…

Größenwahl: Für meine verhältnismäßig breiten Füße passt der Schuh perfekt – bei Straßengröße 39,5 (UK 6 – UK 6,5) trage ich den Mutant in 38,5 (UK 5,5). Eine halbe Nummer kleiner wäre sicher noch möglich, ist aber absolut nicht notwendig; eine halbe Größe größer bringt noch ein kleines Plus an Komfort!

Test in der freien Wildbahn

Der erste Kontakt mit dem Fels ist für mich, der ich weiche Schuhe gewöhnt bin, eher … ungewohnt. Durch die steife Konstruktion ist das Gefühl für die Tritte zu Anfang nicht sonderlich ausgeprägt. Gerade auf großen Tritten merkt man, dass der Schuh sich weniger anschmiegt. Auch das „Ziehen“ im Überhang fällt schwer. Umso besser klappt jedoch das Stehen und Drücken auf kleinsten Kanten. Dank der steifen Konstruktion des gesamten Schuhs benötigt man nur minimalen Kraftaufwand, um auf superkleinen Tritten stehen zu können!

Für einen ausgiebigeren Test der „Boulderfähigkeiten“ des neuen Mutanten geht’s am nächsten Tag in die Halle. Die Erwartungen sind nicht gerade klein. Wie oben beschrieben, ist die Evolution beim Boreal Mutant nicht stehengeblieben. Im Gegenteil – es ist einiges hinzugekommen! Vor allem am „Rücken“ ist der Weiterentwicklung eine klebrige Haut gewachsen, die Hookperformance in allen denkbaren Lagen verspricht.

Eines ist allerdings auch in der Halle auffällig: Einfach mal „hinstellen“, wie mit einem dieser weichen „Bouldersöckchen“, mag der Mutant gar nicht. Oft rutscht ein Fuß vom Tritt, weil die Platzierung des Fußes nicht zu 100% stimmt. Der Schuh verlangt präzises Anstehen auf jedem Tritt und hohe Konzentration, um kleine Kanten gut zu treffen.

Allerdings gilt auch hier wieder: Kleine Kanten – wie zum Beispiel Ecken in der Wandstruktur – sind sehr einfach anzutreten. Der Schuh gibt hier eine wahnsinnig gute Rückmeldung ohne großen Kraftaufwand!

Das Leben in Freiheit – Der Mutant nach der „Adaption“ an den neuen Lebensraum

Nach einigen Wochen Klettern und entsprechender Einkletterzeit – sowohl in der Halle als auch am Fels – bestätigen sich meine ersten Eindrücke. Der Schuh ist immer noch unglaublich bequem und sitzt wie angegossen. Lediglich an der Ferse habe ich für mein persönliches Empfinden etwas viel Luft.

Die Hookperformance des Schuhs ist – wie bei jedem anderen Schuh auch – sehr stark von der Passform abhängig! Da ich beim Mutant etwas Luft im Fersenbereich habe, fühlen sich Heelhooks manchmal schwammig an (meistens hält er dann aber doch!).

Die Erwartungen an die Toehook-Eigenschaften wurden für mich persönlich etwas gedrückt. Der vollgummierte Vorderfußbereich verspricht Toehooks in allem möglichen Kletterlagen. Mir ist aber leider dennoch das ein- oder andere Mal der Fuß aus einem Toehook herausgerutscht. Das sieht man dem Schuh inzwischen an der dünnen Gummischicht auch an. Hier bessert Boreal hoffentlich in Sachen Robustheit etwas nach!

Auch die Struktur des Schuhs ist nahezu unverändert geblieben; bedeutet: auch nach einigen Bouldersessions in der der Halle wie auch am Fels bleibt der Schuh verhältnismäßig steif für einen Boulderschuh. Die Kantenstabilität und Rückmeldung auf kleinen Tritten mit ausgeprägter Kante ist immer noch sehr, sehr gut.

Fazit zum Boreal Mutant 2.0

Im ersten Moment schaut der Mutant wie eines jener typischen Bouldersöckchen aus. Bereits beim ersten Anfassen gibt der Schuh allerdings ein ganz anderes Feedback, das auch die ganze Zeit über konstant bleibt: eher harte Sohle und gute Kantenstabilität. Auch die Hookeigenschaften konnten mich persönlich nicht in allen Situationen überzeugen (was sicherlich auch an der individuellen Fersenform liegt).

Für mich ist der Boreal Mutant nicht unbedingt ein reiner Boulderschuh. ABER, aufgrund der hohen Kantenstabilität und der optimalen Gummierung für Hooks in allen Lagen sehe ich vor allem ein großes Anwendungsgebiet für den Schuh: Senkrechte bis leicht überhängende Sportkletterrouten! Durch die Steifigkeit der Sohle ist das lange, ausdauernde Stehen auf winzigen Tritten gar kein Problem und führt definitiv nicht zu müden Waden, so wie mit einem weichen Schuh. Sollte sich im Verlauf der Route doch ein Toe- oder Heelhook verstecken, liefert der Mutant alle Voraussetzungen, um jede Schwierigkeit zu meistern!

Außerdem ist der Mutant durch die eher gerade Konstruktion und die breite Passform für die gebotene Performance  äußerst bequem. Daher kann ich mir auch die Anwendung in schweren Mehrseillängenrouten sehr gut vorstellen.

Alle Daten zum Boreal Mutant auf einen Blick

  • Einsatz: Performance-Kletterschuhe, ideal für leistiges, leicht überhängendes Gelände
  • Einsatzbereich: Bouldern, Sportklettern
  • Material: Boreal Zenith Rubber
  • Verschluss: ein Klettverschluss
  • Vorspannung: stark vorgespannt
  • Asymmetrie: etwas asymmetrisch
  • Downturn: kein Downturn
  • Gewicht: 460 Gramm (Größe UK 6)

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