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Hochalpiner Handschutz

Reusch Cho Oyu GTX – Multifunktionshandschuh im Test

6 Minuten Lesezeit
Reusch ist hauptsächlich für Pisten-Skihandschuhe bekannt - zu Unrecht, wie der Cho Oyu GTX beweist. Der Handschuh hat alles, was ein vielseitiger Hoch- und Skitourenhandschuh braucht, wie Bergzeit Magazin-Redakteur Arnold Zimprich herausgefunden hat.

Der Handschuh-Hersteller Reusch ist eigentlich für seine Skihandschuhe bekannt. Mit Hochtouren- und Expeditionshandschuhen hatte das Unternehmen bis vor kurzem eher wenig zu tun. Mit der Mountaineering-Linie hat sich das nun grundlegend geändert, wie der Cho Oyu GTX beweist. Ich konnte dem Testkandidaten in einer viermonatigen Testphase genau auf die Finger und ins Futter schauen. Dabei begleitete er mich auf Ski- und Hochtouren bis 3.600 Meter Höhe.

Reusch Mountaineering-Linie

Trotz des warmen Innenfutters hat man nie das Gefühl, dass der Cho Oyu GTX die Bewegungsfreiheit einschränkt. | Foto: Arnold Zimprich
Trotz des warmen Innenfutters hat man nie das Gefühl, dass der Cho Oyu GTX die Bewegungsfreiheit einschränkt. | Foto: Arnold Zimprich

Das Reutlinger Unternehmen hat erstmals Handschuhe im Programm, die speziell für den Einsatz im hochalpinen Umfeld entwickelt wurden. Oder, um es mit Reuschs Worten zu sagen: „Egal wo genau in den Bergen du dich befindest oder in welche Richtung es geht, wir haben für jede hochalpine Disziplin den richtigen Handschuh!“

Wegweisend bei der Mountaineering-Linie ist die Zusammenarbeit mit der Höhenbergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner, die ihre Erfahrungen von den höchsten Bergen der Welt in die Entwicklung der Handschuhe einfließen ließ.

Was muss ein moderner Fingerhandschuh im hochalpinen Umfeld können?

Das ist die Frage, die ich mir vor dem Test des Reusch Cho Oyu GTX stelle. Nun, er muss auf jeden Fall mehr können als die Fingerhandschuhe, die ich bereits im Einsatz habe. Das sind ein leidlich alter Ortovox-Hochtourenhandschuh mit einem Innenfutter aus gewalkter Wolle, ein dünner Arc’teryx-Fingerhandschuh mit Windstopper und ein maximal flexibler Black Diamond-Handschuh aus Ziegenleder, den ich gerne für Ski- und Hochtouren bei wärmeren Verhältnissen einsetze. Bei ersterem mangelte es aufgrund der steifen Konstruktion oft an Flexibilität, der zweite ist zu dünn für Touren oberhalb 3.000 Meter und der dritte im Bunde saugt sich bei nassen Verhältnissen rasch mit Wasser voll. Kann Reusch diese Probleme mit dem Cho Oyu GTX lösen?

Gleich beim ersten Anprobieren fällt auf: Dieser Handschuh ist flexibel genug, um auch komplizierte Handlungen an Bindung oder Ausrüstung ausführen zu können und verfügt durch die integrierte Gore-Tex-Membran über eine herausragende Wasserdichtigkeit, wie ein kurzer, aber harter Dusch-Test beweist. Perfekter Schutz bei gleichzeitiger Flexibilität – genau das, was ich als vielseitiger Alpinsportler suche!

Der Cho Oyu GTX lässt nichts vermissen

Die technischen Details machen einen durchdachten, funktionalen Eindruck. Die integrierte, elastische Schneeschürze verhindert das Eindringen des kalten Elements, die robuste Innenhand aus Leder verleiht dem Cho Oyu GTX angenehme, direkte Griffeigenschaften.

Bei der Verarbeitung merkt man, dass Reusch zu den Handschuh-Profis zählt. | Foto: Arnold Zimprich
Bei der Verarbeitung merkt man, dass Reusch zu den Handschuh-Profis zählt. | Foto: Arnold Zimprich

Ein weiteres Detail entpuppt sich als echtes Highlight: Reusch versieht den Cho Oyu mit einem Kordelzug, der ein einhändiges Auf- und Zuziehen ermöglicht. Alpinisten und Skitourengeher, die häufig mit der Bedienung ihrer Ausrüstung beschäftigt sind, werden die Vorteile einer solchen Konstruktion zu schätzen wissen!

Das extrawarme Innenfutter sorgt darüber hinaus dafür, dass sich der Handschuh äußerst bequem trägt. Eines hat er jedoch nicht: einen herausnehmbaren Innenhandschuh. Das ist jedoch nicht weiter schlimm, da er:

  1. absolut wasserdicht und hochgradig atmungsaktiv ist und damit ein Trocknen des Innenfutters unnötig ist.
  2. die herausragende Flexibilität stark unter einem zusätzlichen Innenhandschuh leiden würde.

Der Reusch Cho Oyu GTX im Praxistest

Gespannt nehme ich den Reusch Cho Oyu GTX das erste Mal mit auf eine längere Splitboard-Tour. Nachdem wir es recht schnell (und schweißtreibend) angehen lassen, verwende ich für den Aufstieg einen etwas dünneren Handschuh.

Am vernebelten Gipfel angekommen, weht uns ein eisiger Ostwind Schneekristalle ins Gesicht. Hier fühlt sich der Cho Oyu zu Hause! Jetzt heißt es schnell wechseln. Bisher nahm ich oftmals kalte Hände während der Abfahrt in Kauf – dieses Mal hoffe ich auf einen Aha-Effekt durch den Reusch-Handschuh. Und siehe da – es wird mir nicht ein einziges Mal kalt. Einziges Manko, an dem ich jedoch selbst schuld bin – die Größe des Testhandschuhs ist für meine Hände ein wenig zu klein. Ich hätte lieber eine Größe darüber nehmen sollen (ich habe in der Regel Handschuhgröße 10 – der Testhandschuh hat Größe 9,5).

Hervorragende Abfahrts-Performance und Hochtouren-Tauglichkeit

Der Reusch Cho Oyu GTX eignet sich für Skitouren genauso gut wie für Hochtouren. | Foto: Arnold Zimprich
Der Reusch Cho Oyu GTX eignet sich für Skitouren genauso gut wie für Hochtouren. | Foto: Arnold Zimprich

Was darüber hinaus gefällt, ist das wärmende R-Loft-Futter. Es liefert angenehme Wärme, ohne bei der Nutzung von Skistöcken zu sehr im Weg zu sein. Auf diese Weise hatte ich während der Abfahrten nie das Gefühl, dass der Handschuh bei den notwendigen Bewegungsabläufen im Weg ist oder gar behindert.

Auf Hochtouren in den Stubaier und Ötztaler Alpen fühle ich dem Handschuh schließlich ein zweites Mal so richtig auf’s Leder. Aufgrund des warmen Sommers sind Schnee und Eis eher die Ausnahme. Trotzdem: Bei Temperaturen um die null Grad und einem frostigen Biwak wird der Cho Oyu am frühen Morgen ganz ordentlich gefordert.

Es stehen einfachere Klettereien bis UIAA II auf dem Programm, wie sie auf dem ein oder anderen Normalweg auf höhere Alpenberge üblich sind. Der Reusch Cho Oyu GTX macht alle Herausforderungen klaglos mit, auch die Griffigkeit am Fels lässt nicht zu wünschen übrig.

Fazit

Reusch schlägt mit dem Cho Oyu GTX mehrere Einsatzbereiche mit einer Klappe. Das hat Vor- und Nachteile. Vorteil ist ganz klar, dass sich der Handschuh sehr flexibel einsetzen lässt. Ein (vernachlässigbarer) Nachteil ist hingegen, dass der Cho Oyu anspruchsvollen Skifahrern einen Deut zu weich sein könnte. Aber für den reinen Ski-Einsatz hat Reusch ihn ja auch nicht konzipiert. Wird es zu warm – also wärmer als fünf Grad Celsius, ist der Cho Oyu GTX schlicht zu gut isoliert. Frost und Schnee sind sein Element! Wie dem auch sei – als Multi-Alpinsportler hat mich der Handschuh voll überzeugt. Er wird mich sommers wie winters genau dann begleiten, wenn es kalt und anspruchsvoll wird.

Die griffige Innenhand des Cho Oyu GTX erlaubt einen guten Griff am Fels. | Foto: Arnold Zimprich
Die griffige Innenhand des Cho Oyu GTX erlaubt einen guten Griff am Fels. | Foto: Arnold Zimprich

Geeignet für:

  • anspruchsvolle, kalte und hochalpine Verhältnisse
  • Hochtouren, für die man einen hochperformanten Handschuh mit ausgezeichneter Taktilität benötigt
  • Bergsportler, die einen Handschuh suchen, der für Ski- als auch Hochtouren gleichermaßen geeignet ist

Nicht geeignet für:

  • Minimalisten, die Umfang und Gewicht ihrer Ausrüstung so gering wie möglich halten wollen
  • Skifans, die einen maximal steifen Handschuh mit Slalom-Qualitäten suchen
  • Höhenbergsteiger, die einen Expeditionshandschuh mit maximaler Wärmeleistung suchen

Weitere Handschuh-Tests im Bergzeit Magazin:

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